Geschichte und Gemeindearbeit der Kirchengemeinde St. Pankratius Bühl-Kilchberg.

 

 

Die Kirchengemeinde in Bühl hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Der erste Hinweis auf ihre Existenz ist die Nennung eines Priesters Diemo von Buhile (Bühl) der bis 1098 in der kleinen Ansiedlung über dem Neckar gewirkt haben soll und möglicherweise auch schon eine kleine Kirche hatte. Gesichert ist, dass es 1275 einen Plebanus (Priester) und eine Kirche gab. Durch wechselnde Herrschaftsverhältnisse war Bühl zeitweise politisch und konfessionell geteilt, kurze Zeit sogar ganz evangelisch. Ab 1609 gibt es eine kath. Kirchengemeinde und eine regelmäßige Abfolge von investierten Pfarrern bis 1985. Seit diesem Zeitpunkt hat die Gemeinde keinen eigenen Pfarrer mehr, sondern unterstand zunächst der Leitung des Kiebinger Pfarrers und mit Eintritt in die Seelsorgeeinheit Tübingen, der des Pfarrers der Kirchengemeinde St. Michael. Inzwischen ist sie als selbständige Kirchengemeinde Mitglied der Gesamtkirchengemeinde Tübingen und hat in Herrn Diakon Hecke einen pastoralen Ansprechpartner. Neben seiner Hauptaufgabe als Stadtdiakon ist er regelmäßig in Bühl im Gottesdienst präsent, arbeitet mit dem Pfarrsekretariat zusammen und leitet im Auftrag des leitenden Pfarrers der Gesamtkirchengemeinde zusammen mit dem Kirchengemeinderat die Gemeinde.

 

Bühl war immer eine recht arme Gemeinde, weshalb es bis 1900 auch nur ein sehr kleines Kirchlein hatte, das laut dem damaligen Pfarrer Petrus Knoll eher einem Stall glich und weniger als 15 m lang und keine 8 m breit war. Eben dieser Pfarrer betrieb darum sehr energisch einen Neubau, der bereits 1902 in weniger als einem Jahr fertiggestellt war aber aufgrund der beengten Platzverhältnisse kleiner als gewünscht ausfiel und von Norden nach Süden ausgerichtet werden musste, nicht wie gewöhnlich geostet ist. Für die Planung und Bauleitung wurde der damals sehr bekannte Architekt für Sakralbauten Josef Cades gewonnen, der einen Kirchenbau im spätromanischen oder Übergangsstil erstellen ließ. 1906 wurde der Innenraum nach einem Entwurf des Kunstmalers J. Georg Loosen aus Stuttgart reichhaltig ausgemalt. Die Kirche wurde mehrfach grundlegend neu gestaltet und den nachkonziliaren liturgischen Erfordernissen angepasst, so dass von der ursprünglichen Gestaltung fast nichts mehr übrig ist. Es gibt dennoch einige Sehenswürdigkeiten: Eine Muttergottes die ursprünglich aus dem Kloster an der Rohrhalde stammen und ein sehr gutes Schnitzwerk der Ulmer Schule (1510-1520) sein soll. Sie stellte ursprünglich die 7 Schmerzen Mariens dar, wurde nachträglich ihrer sieben Schwerter beraubt und hält jetzt das Jesuskind in ihren Armen. Im Altarraum befindet sich ein Taubenschmidkreuz (um 1620); im Eingangsbereich ein Epitaph der Anna von Stein (1577) und eine Pieta von 1902. Ein besonderer Blickfang und ein meisterliches Instrument ist unsere neue Zeilhuber-Orgel, die am 20.Oktober 2007 eingeweiht wurde. Regelmäßig finden unter dem Titel „Musik in St. Pankratius“ Konzerte statt.

 

In der Weihnachtszeit wird jedes Jahr die sehenswerte Naturkrippe der ehemaligen Bühler Krankenschwester Capistrana aufgebaut. Die Franziskanerin aus dem Kloster Sießen hat sie in unzähligen Wachstunden an Krankenbetten und in ihrer Freizeit aus Naturmaterialien aus dem Bühler Tal gestaltet.

 

Im Gegensatz zu den Stadtgemeinden der Seelsorgeeinheit herrschen in Bühl auch heute noch dörfliche Strukturen vor, auf welche die Einwohner auch besonderen Wert legen. Die Kirchengemeinde ist in das Dorfgeschehen und das Vereinsleben eingebunden, wenn auch nicht mehr so stark wie früher: z.B. ist der Gesangverein des Ortes gleichzeitig auch Kirchenchor; beim jährlichen Dorffest der Vereine wird ein ökumenischer Festgottesdienst angeboten und in der Fastnachtszeit gibt es an einem Sonntag statt des normalen Gottesdienstes eine „Narrenmesse“, zu welcher besonders die verkleideten Narren eingeladen sind und die musikalische Gestaltung durch eine Fastnachtskapelle stattfindet.

 

Auch andere kirchliche Traditionen haben sich zumindest teilweise in ursprünglicher Form erhalten: So findet an Christi Himmelfahrt eine feierliche Öschprozession (Flurprozession) mit Gottesdienst an einem der Bühler Feldkreuze statt. Daran schließt sich das jährliche Gemeindefest im Pfarrgarten an. Auch die Fronleichnamsprozession mit Altären und Blumenteppichen an verschiedenen Plätzen im Dorf ist eine solche Traditionen, die von Musikverein und Kirchenchor feierlich mitgestaltet wird.

Bühl war noch in den 70iger Jahren ein überwiegend katholisches Dorf. Die zunächst wenigen evangelischen MitbürgerInnen gehören zur ev. Kirchengemeinde Kilchberg-Bühl so wie umgekehrt die ursprünglich wenigen KatholikInnen in Kilchberg der St. Pankratius-Gemeinde Bühl-Kilchberg zugeschlagen wurden. Inzwischen haben sich in beiden Nachbargemeinden die Anteile der Konfessionen angeglichen und die Anzahl derer, die keiner Konfession mehr angehören stark erhöht. Die Integration der Gemeindemitglieder aus Kilchberg in die eingefahrenen Gemeindestrukturen in Bühl war zu Anfang nicht einfach, ist inzwischen aber auf einem guten Weg. Für das Verhältnis der Schwesterkirchengemeinden waren freundschaftliche Beziehungen mehrerer Pfarrergenerationen hilfreich. Es war und ist durch ein großzügiges Gastrecht in den beiden Kirchen und Gemeindehäusern gekennzeichnet und es haben sich ausgeprägte ökumenische Beziehungen entwickelt. So treffen sich die KirchengemeinderätInnen beider Gemeinden einmal im Jahr zu einer gemeinsamen Sitzung, bei der die Schwerpunkte der ökumenischen Arbeit und die Termine für das nächste Jahr besprochen werden. Insbesondere gibt es regelmäßige ökumenische Gemeinde-, Kinder- und Einschulungsgottesdienste; eine gemeinsame Trägerschaft des Fairen Ladens, sowie die Organisation einer ökumenischen Adventsmusik, die im Wechsel am 1. Adventssonntag in einer der beiden Kirchen stattfindet. Auch die Begrüßungsbroschüre für Neubürger wurde gemeinsam gestaltet.

Die Kirchengemeinde betreibt seit 1935 einen eigenen Kindergarten, der inzwischen in die Trägerschaft der Gesamtkirchengemeinde übergegangen ist. Die Jugendarbeit ist konfessionell getragen aber überkonfessionell offen für alle interessierten Kinder und Jugendlichen. Frauen der Gemeinde sind im kath. Frauenbund organisiert und auf vielfältige Weise in der ganzen Gemeinde tätig.

Es gibt großes ehrenamtliches Engagement, sowohl im liturgischen als auch im sozialen und organisatorischen Bereich. Andererseits wird es immer schwieriger z.B. KandidatInnen für den Kirchengemeinderat zu finden, die bereit sind, über einen längeren Zeitraum Verantwortung für die Leitung der Gemeinde zu übernehmen.

Durch die Zugehörigkeit zur Gesamtkirchengemeinde profitiert die St. Pankratius-Gemeinde zwar durch übergemeindliche Angebote, aber der persönliche Bezug zur eigenen Gemeinde lässt nach und vor allem fehlt durch zu geringe Stellenanteile in der Gemeinde der persönliche seelsorgerliche Kontakt zu einer kirchlichen Bezugsperson. Das kann ehrenamtliches Engagement kaum leisten. Die Entwicklung in diesem Bereich macht wenig Mut für die Gemeindearbeit vor Ort. Es bleibt die Hoffnung, dass der Erneuerungsprozess der Kirche endlich Früchte trägt und positive Veränderungen hervorbringt, die bei den Gläubigen in den Gemeinden zu einer Wiederbelebung der kirchlichen Praxis führen können. (Die geschichtlichen Fakten sind der ausführlichen Gemeindebeschreibung von Albert Schick in der Festschrift aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der Bühler Kirche entnommen)

Michael Schneider, gewählter Vorsitzender KGR St. Pankratius bis 2020