»Ein gutes Brot braucht vor allem Zeit –

Beziehungen auch.

Ludwig Leins, Bäcker und Diakon im Portrai

Wenn andere Menschen sich das erste Mal im Bett umdrehen oder Jugendliche langsam daran denken, nach Hause zu gehen, steht Ludwig Leins auf und geht zur Arbeit. Der 55jährige Hirrlinger ist Bäckermeister – und Diakon. Beides, sagt er, sei für ihn eine Berufung.

Dabei hatte er als Jugendlicher, obwohl aus einer traditionellen Familienbäckerei stammend, zunächst einmal eine Ausbildung im Zusammenhang mit einer anderen Pulversubstanz begonnen: Zement. Aber bald schon merkte er, dass die Arbeit im Betonwerk ihm gesundheitliche Probleme machte. Als dann die Anfrage des Vaters kam, ob er nicht eine Ausbildung zum Bäcker machen könne - auch im Hinblick auf eine spätere Übernahme des Betriebs, hat er zugesagt. „Aber die Selbständigkeit war nichts für mich“, bemerkte er schnell. Freude hatte er an der Arbeit als Bäcker, aber nicht an der Büroarbeit. Da sei die eigentliche Arbeit immer weniger geworden und die Verwaltungsaufgaben immer mehr. Das habe er auch seinem Vater schnell deutlich gemacht. Der Bruder habe dann diese Aufgaben übernommen, aber später auch abgegeben und die Bäckerei verpachtet. Ludwig Leins arbeitet immer noch dort als Bäckermeister. Das macht er gerne: echte Handwerksarbeit. Brot, Brötchen, Backwaren – man hat sich in vielen Bereichen auf Dinkel spezialisiert. Das ist schon mehr als nur Broterwerb für ihn mehr als Beruf. Eben schon auch Berufung. Seine zweite Berufung ist das Diakonat. Diakon im Zivilberuf. 2008 hat ihn das Interesse am Diakonat gepackt. Bereits zehn Jahre vorher hatte er den „Würzburger Fernkurs gemacht“ und damit eine theologische Grundausbildung erhalten. Allerdings nicht die Abschlussprüfungen absolviert. Damals – erzählt Ludwig Leins, war so eine theologische Aufbruchsstimmung. Das waren die Spätfolgen des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Synoden in den deutschen Bistümern. Man hatte im Studium generale die Vorlesungen von Hans Küng gehört und geglaubt, dass sich nun einiges in der Kirche in Bewegung setze. Fast wäre seine Diakonenausbildung dann Jahre später aber an der Anerkennung der Fernkursinhalte gescheitert. „Aber dann hat das doch noch geklappt, und ich musste nur einige schriftliche Prüfungen nachholen. Sonst hätte ich es nicht gemacht.“ Noch einmal die ganze theologische Ausbildung neben dem Beruf, das wäre zu viel gewesen. 

Aber auch heute als Diakon im Zivilberuf, der zwar eine Weihe hat, aber seinen Dienst in der Gemeinde quasi ehrenamtlich leistet, ist es manchmal ganz schön eng. Kein Wunder – zu den ungewöhnlichen Arbeitszeiten („früher musste man um 4 Uhr beginnen, heute so zwischen eins und zwei in der Nacht“) kommen auch noch Sonntagsdienste – als Bäcker wohlgemerkt. So zwei Mal im Monat muss man da schon ran. Die Sonntagsöffnungen seien durch die Tankstellen gekommen und die Bäckereien mussten da dann einfach mitziehen. Trotzdem macht er beides mit dem Herzen: Die Arbeit mit dem Brot und die Weitergabe des Brotes des Lebens. Das wichtigste im Diakonenamt für ihn: Die Verkündigung des Evangeliums. „Wir sind als Christen nicht Selbstzweck, sondern haben eine Aufgabe“, sagt Leins. Er wolle aufzeigen, worum es Jesus geht. Und das sei zum Beispiel bei der Erzählung von der Brotvermehrung nicht das Satt-werden, sondern das Sehen, wo jemand ein Bedürfnis hat. „Kennt Ihr die Armen Eurer Stadt?“, seien sie in der Diakonatsausbildung gefragt worden. Und arm meine ja nicht nur materiell arm. Sein Projekt in der Ausbildung war die Tübinger Vesperkirche. Viele Jahre hat er dann da mitgearbeitet „mit meinen praktischen Fähigkeiten“ – zuletzt noch im Fahrdienst. Auch bei der Organisation von Kuchen. Die Lichterstube und die Arbeit im Pflegeheim sind weitere wichtige Stationen seiner Aufgaben. Im Christiane-von-Kölle-Stift ist er schwerpunktmäßig. Aber auch in der Pflegeresidenz Vincenz von Paul hält er Gottesdienste. Es ist wichtig für ihn, sich Zeit zu nehmen für die Menschen – auch wenn das nicht immer einfach ist. „Aber, wenn man da in einem Trauergespräch ist, geht das gar nicht anders. Das kann man ja nicht einfach abbrechen.“ Es ist, sagt er, wie mit dem Brot: „Ein gutes Brot braucht vor allem Zeit“. Beziehungen auch. Gerade jetzt in der Pandemie, wo die Menschen nicht mehr so zusammen kommen können, meint Leins, sei es schlimm, dass die Nachrichten so schnell verbraucht würden, und man sich keine Zeit zum Reflektieren nehme, sondern eher dazu neige, schnell zu verurteilen. Viele Nahrungsmittelunverträglichkeiten, vergleicht der Bäcker, seien daher gekommen, dass man sich mit der industriellen Backwarenfertigung keine Zeit mehr genommen habe für die Teigreifung. „Ein Sauerteig wird zwei, drei Tage geführt – so nennt man das. Wie ein Lebewesen.“ Wie ein Kind auf dem Lebensweg müsse man den Teig behandeln und immer wieder Wasser und Temperatur korrigieren. Seit dem Zeitalter von Computer und Internet habe sich alles extrem beschleunigt, bemängelt Ludwig Leins. 

Nur in der Kirche hat sich wenig beschleunigt. „In den 90er Jahren hatten wir eine große Erwartungshaltung, dass da bald eine Tür aufgeht für die Frauen“. Bei diesem Thema wird der Diakon leidenschaftlich. „Ich war damals schon der Meinung und bin es heute noch: Frauen gehören in das Diakonat und auch ins Priesteramt – und fast noch wichtiger – auch in die Kirchenleitung. Das sage ich klipp und klar.“ Kein Bischof könne doch sehenden Auges die Dinge so laufen lassen und nicht handeln. Das sei für ihn fast nicht auszuhalten. Viele Frauen hätten auch damals an die Möglichkeit der Diakoninnenweihe geglaubt. „Viele davon sind heute verloren. Sie sind frustriert, kämpfen nicht mehr oder haben die Kirche schon verlassen.“ Auch seine Frau habe da Hoffnungen gehabt. So blieb ihr nur, ihn in seiner Ausbildung und in seinem Amt zu unterstützen. „Ohne die Unterstützung von Frau und Familie ginge das gar nicht“, ergänzt Ludwig Leins.

Ob die Brotgeschichten in der Heiligen Schrift für ihn eine besondere Bedeutung haben? Ja – aber eigentlich ginge es nicht um das Brot, sondern wie in der Emmauserzählung, wo die Jünger den auferstandenen Herrn lange nicht erkennen und ihnen die Augen erst ganz am Ende beim Brechen des Brotes geöffnet werden, um die Frage : „Woran erkenne ich Jesus?“ Aber an anderer Stelle ist das Brot wichtig: Eucharistie sei schon sehr elementar für sein Glaubensleben. Die versammelte Gemeinschaft um den Tisch des Brotes ist eben ein zentrales Moment im christlichen Glaubensleben – immer noch. Jesus war zwar auch Handwerker. Kein Bäcker, sondern Zimmermann. Aber „Jesus wusste genau, worum es geht“, sagt der Diakon. Wie die Vermehrung der guten Geschmacksstoffe beim Brot, der Hefen und der Säuren, ginge es darum, die guten Eigenschaften und die guten Werte der Menschen zu vermehren. Das sei die wichtigste Aufgabe angesichts der bestehenden gesellschaftlichen Spaltung. „Menschen werden bedroht – das ist fast nicht vorstellbar. Wir Christen haben die Aufgabe, das dahin zu bewegen, dass wir gut aufeinander achten“. Rainer Steib
 

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Was im Leben nährt.

Jesus bezeichnet sich selbst als Brot, als Brot des Lebens, als himmlisches Brot, das ewiges Leben gibt. Er ist das, was wir zum Leben brauchen. Oder anders formuliert: Wir brauchen Jesus wie unser tägliches Brot. Wenn wir das heute Menschen auf der Straße erzählen, was denken sie, was wir als Antwort bekämen? 
Und wie denken wir selbst darüber? 
Ist Jesus für mich das Brot des Lebens? 

Brot ist ein Grundnahrungsmittel. In beinahe allen Kulturen wird seit jeher Brot gebacken und gegessen. Nicht alle Menschen können sich ihr Brot selbst verdienen. Die zentrale Bitte im Vaterunser: „Unser tägliches Brot gib uns heute“ meint auch die Bitte um Arbeit und Tätig-Sein-Können. Auch in den reichen In Ländern, wo Menschen alles haben, was sie brauchen, können sie innerlich verhungern. Brot meint nicht nur das Brot auf dem Teller, es bedeutet auch all das andere, was uns sättigt und was wir zum Leben brauchen. Hungern tun wir nicht nur nach Nahrung, wir hungern auch nach Anerkennung und Liebe, nach Sinn und Erfüllung. Unter dem Wort „Brot“ wird all das zusammen gefasst, was wir zum Leben brauchen: Nahrung, Kleidung, eine Wohnung, Menschen, die mit uns leben, gute Lebensbedingungen, Gesundheit, eine Arbeit, das Gefühl etwas Sinnvolles zu tun, Frieden und Freiheit – all das, was für jeden von uns existentiell ist. 

Jesus sagt also von sich: Ich bin das Brot des Lebens. Und er sagt weiter: Das ist mehr als das Manna, das eure Vorfahren in der Wüste gegessen haben. Er knüpft somit bei seinen Zuhörern an einer grundlegenden Erfahrung an, die sich sozusagen in seine DNA, in die Erbinformation des Gottesvolkes eingeschrieben hat. Das neue Manna ist der Glaube an Jesus, den Christus: Dass ich mich dem anvertraue, was er sagt, was er tut, wie er ist. Dass ich Jesu Vertrauen in Gott und seine Güte zu den Menschen teile. Das ist die Innenseite seines Wortes, das ist sein Brot, das er gibt, sein Fleisch und Blut für das Leben der Welt, sein menschliches Dasein für uns. Es ist das, was uns wirklich satt macht und unseren Lebenshunger stillt. Und zwar für immer, nicht nur bis zum nächsten Essen. Dieser Glaube, das ist mein täglich Brot für die Seele. 

Wenn Jesus also von sich sagt: ich bin das Brot des Lebens, dann steht auch dahinter das Wissen, dass nicht alles machbar ist. Dass vieles nicht in unserer Hand liegt. Dass wir uns unsere Gesundheit z.B. nicht selbst erhalten können, dass unser Leben bedroht ist, dass wir mit unseren Nächsten nicht immer auskommen, dass wir uns selbst im Weg stehen, uns selbst und auch anderen das Leben schwer machen. Wir hungern und werden nicht satt. Manchmal betäuben wir unseren Hunger mit übermäßigem Konsum. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, heißt es an anderer Stelle in der Bibel, sondern vom Vertrauen in Gott. Auch wer genügend zu essen und zu trinken hat und sich wegen seiner materiellen Güter keine Sorgen zu machen braucht, kann doch seelisch verhungern. Wir leben von der Anerkennung und Achtung unserer Mitmenschen, von ihrem Wohlwollen und ihrer Zuwendung. Wir brauchen das Gefühl, dass wir geliebt sind und getragen werden. Wenn wir Anderen nicht vertrauen können, verlieren wir den Halt. Dann werden wir auch Gott nicht vertrauen können. Wie viele Menschen suchen an der falschen Stelle nach dem, was sie wirklich brauchen, um satt zu werden. Wie oft tun wir selbst das? 

Der Glaube ist es, der uns die Kraft und das Vertrauen gibt, dass unser jetziges Leben Sinn macht und wir auch in größter Not nicht alleine sind. Menschen berichten davon: „Ohne die Hoffnung des Glaubens könnte ich nicht leben“, sagt ein Mann, der viel in seinem Leben durchgemacht hat. „In den schwersten Stunden meiner lebensbedrohenden Krankheit, in größter Verzweiflung, konnte ich nichts anderes mehr zu Gott sagen als Jesus, ich vertraue Dir! – und ich habe seine Kraft erlebt!“ „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, denke ich an die Zusage Jesu: Ich bin bei euch alle Tage“. 
Zurück zur Frage vom Anfang: Ist Jesus für mich das Brot des Lebens? Wie würde ich diesen Satz für mich übersetzen? Und wie würden die Menschen um mich herum spüren, dass Jesus Christus das Brot des Lebens für mich ist? Karl-Heinz Röll

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Brot backen –

ein Erlebnis für alle Sinne!
 

Brot wird in fast allen Teilen der Erde gebacken. Es ist eines der ältesten Nahrungsmittel, das Menschen seit vielen tausend Jahren zubereiten. Die ersten Getreidesorten, die von Menschen angebaut wurden, waren Emmer und Einkorn. Die alten Ägypter haben vor 6000 Jahren das Korn zwischen Steinen gemahlen und mit Wasser zu einem Brei vermischt. Dieser Brei wurde auf heißen Steinen oder direkt in der Asche gebacken. Sie haben Brot gebacken, Brotbacköfen und Getreidemühlen weiterentwickelt und mit der Zubereitung experimentiert, bis das Brot weicher wurde und besser schmeckte. So überrascht es nicht, dass die Ägypter auch den Spitznamen „Brotesser“ erhielten. „Brot“ gibt es in vielen Ländern der Welt. Bis heute wurde der Zubereitungsprozess immer wieder weiterentwickelt. Bei uns in Deutschland gibt es heute sehr viele verschiedene Brotsorten – eine Vielfalt, die so nur in wenigen Ländern zu finden ist. Jesus hat dem Brot eine neue Bedeutung gegeben. Er hat mit vielen Menschen immer wieder Brot geteilt. Dieses Teilen und das gemeinsame Essen wurden zu einem Erkennungszeichen für ihn. Kurz vor seinem Tod hat er seinen Freundinnen und seinen Freunden aufgetragen, auch in Zukunft ohne ihn immer wieder Brot zu teilen – in Erinnerung an ihn und seine Botschaft. In dieser Brotgemeinschaft ist Jesus bis heute mitten unter uns. Bethlehem, der Geburtsort Jesu, bedeutet übrigens übersetzt „Haus des Brotes“. 
In der Grundschule backe ich immer wieder gerne mit den Schülerinnen und Schülern in einer Doppelstunde Fladenbrot. In Vierer- oder Fünfergruppen wiegen sie abwechselnd die wenigen Zutaten für eine Schüssel ab und vermengen sie. Danach wird der Teig gut geknetet bis er nicht mehr an den Händen klebt und eine schöne Teigkugel entstanden ist. Immer wieder wechseln sich die Kinder mit dem Kneten ab. Sie stellen fest, dass ein guter Teig seine Zeit braucht – auch zum Ruhen. Nachdem der Teig einige Zeit ruhen konnte, dürfen alle Kinder Fladenbrote formen und sie auf ein Backblech legen. Nach einer erneuten Ruhephase kommen die Fladenbrote in die heißen Backöfen. Nun verbreitet sich nach kürzester Zeit ein wunderbarer Duft. Immer wieder schauen die Kinder gerne in die Backöfen, wie sich die Brote beim Backprozess verändern. Nach der Backzeit dürfen die Fladenbrote kurz etwas auskühlen und werden danach in Brotkörbe oder Schüsseln gelegt. Im Sitzkreis werden die Brote genau betrachtet. Jede und jeder bekommt ein halbes Fladenbrot und die Kinder können zuerst riechend das Brot wahrnehmen und danach gemeinsam das Brot probieren. Viele Kinder beißen ganz vorsichtig und andächtig von ihrem Brotstück ab, kauen langsam und nehmen jeden Bissen bewusst wahr. Eine Dankrunde mit den Schülerinnen und Schüler und das gegenseitig Erzählen, wie sie das Backen, das Brotteilen und -probieren erlebt haben, lässt die anschließende Pause gerne vergessen.

Am Ende der Stunde höre ich häufig die Frage: „Backen wir nächste Woche wieder Fladenbrot? Das hat so viel Spaß gemacht und war so lecker!“ Und alle sind sich einig: Sie würden am liebsten gleich wieder Fladenbrot backen. Brot backen ist immer wieder ein Erlebnis – ein Erlebnis, bei dem alle Sinne angesprochen werden. Vielleicht haben Sie ja auch Lust zu Hause einfach mal Brot zu backen? Ich wünsche Ihnen dabei gutes Gelingen! Das Rezept dazu finden Sie auf dem extra Einlegeblatt in dieser Heiligsblättle-Ausgabe. Angela Beck